Vor 500 Jahren erschien im September 1522 das Neue Testament in der Übersetzung von Martin Luther und hat die Welt verändert.

“Luthers Anliegen war es, dass jeder die Heilige Schrift lesen und verstehen sollte. Er wollte das Evangelium seinen Landsleuten nahebringen. Und das gelang auch. Einer der erbittertsten Gegner Luthers urteilte: „Luthers Neues Testament wurde … in so großer Anzahl ausgesprengt, also dass auch Schneider und Schuster, ja auch Weiber und andere einfältige Idioten, … wenn sie auch nur ein wenig Deutsch auf einem Pfefferkuchen lesen gelernt hatten, dieselbe gleich als einen Bronnen aller Wahrheit mit höchster Begierde lasen. Etliche trugen dasselbe mit sich im Busen herum und lernten es auswendig.“

Luthers Übersetzungsprinzip lautete: „Man muss nicht die Buchstaben in lateinischer Sprache fragen, wie man soll deutsch reden, sondern man muss die Mutter im Hause, … den gemeinen Mann auf dem Markt drum fragen und danach dolmetschen, so verstehen sie es denn.“

Bekannt wurde dieses Übersetzungsprogramm vor allem durch seine Worte: „Man muss dem Volk aufs Maul schauen“, so in seinem „Sendbrief vom Dolmetschen“ von 1530. Luther griff allerdings durchaus auf gehobene Sprache zurück: Er wählte die sächsische Kanzleisprache. Das war die damalige „Diplomatensprache“, die unter anderem an den Fürstenhöfen gesprochen wurde.

In seinen Tischreden sagt er: „Ich red nach der Sächsischen Cantzeley / welcher nachfolgen alle Fürsten vn Könige im Teutschlande / alle Reichßstätte / Füstenhöve / schreiben nach der Sächsischen vnd vnsers Fürsten Cantzley / Darumb ists auch die gemeineste Teutsche Sprach …“ Im Sendbrief von Dolmetschen urteilte Luther 1530 selbst über seine Übersetzung: „Ich habe das Neue Testament verdeutscht, auf mein bestes Vermögen und auf mein Gewissen. Ich habe damit niemanden gezwungen, dass er es lese, sondern ich habe es frei gelassen und allein zu Dienst getan denen, die es nicht besser machen können …“
Gleich nachdem das Septembertestament 1522 veröffentlich war, druckten andere es nach. Bereits im Dezember erschienen Nachdrucke – genauer gesagt: Raubdrucke – des Neuen Testaments in Basel und Straßburg. 1523 waren es bereits sechzehn Nachdrucke. In den 23 Jahren von 1522 bis 1546 (Tod Luthers) zählt man 445 Auflagen. Eine unglaubliche Menge an Bibeln in deutscher Sprache!

Längst war da der Wunsch des Gelehrten Erasmus in Erfüllung gegangen, den er 1516 geäußert hatte. Er wollte ja, dass die heiligen Schriften in die Volkssprache übertragen und auch von Laien gelesen werden. Nachdem Luther dem Volk aufs Maul geschaut hatte, war Erasmus’ Ziel in greifbare Nähe gerückt: „Ich würde wünschen, dass alle Dienstmädchen das Evangelium lesen, dass sie die paulinischen Briefe lesen.“ Alexander Schick, (www.bibelausstellung.de)

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