Was ist die Bibel doch für ein merkwürdiges Buch! Da kommen große, mächtige Herren vor. Aber von denen kann man nichts Gutes lernen: der König Herodes ist ein Mörder und Ehebrecher, der Pilatus ein ungerechter Richter, der Landpfleger Felix ein bestechlicher Beamter. Da kommen kluge und gelehrte Leute vor. Aber auch von denen kann man nichts Gutes lernen. Die sehen am hellen Tage das Licht nicht und verwerfen den Sohn Gottes. Auch das sind schlechte Vorbilder.
Aber dann kommen in der Bibel arme und elende Leute vor, Leute „von den Hecken und Zäunen”; Leute, die sich im Tempel vor Scham über ihr Leben gar nicht nach vorn wagen, weil sie sich für große Sünder halten; Leute, die heimlich über sich selbst weinen; Aussätzige und Zöllner und Huren und Schacher. Und ausgerechnet von denen spricht die Bibel so, daß wir merken: Wir sollen und dürfen von ihnen lernen. Wer dazu zu stolz ist, der soll die Bibel lieber weglegen. Aber er soll auch wissen, daß er damit auf die Seite der Pharisäer und Schriftgelehrten tritt. Und die stehen ja in der Bibel in einem sehr, verdächtigen Licht.
Wer aber den Weg der Bibel mitgehen will, der sehe sich all diese verachteten Leute einmal näher an. Dann wird er bald merken, warum die Bibel so ein Wohlgefallen an ihnen hat: Nicht um ihrer Erbärmlichkeit und Sünden willen — wie könnte Gott daran Gefallen haben! — sondern darum, — und nur dann — weil sie ein bußfertiges und zerschlagenes Herz haben. Und solch ein Herz gefällt Gott. Das ist bereit für den Heiland und Sein Heil. Amen.
Wilhelm Busch