Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.

Es gehört zu den vielen Missverständnissen der deutschen Geschichte, dass […] ausgerechnet die Nazis – nationale Sozialisten notabene – als konservativ gelten. Diese wollten nämlich nicht nur in Dutzende Länder einmarschieren, dort alles kaputt machen und Millionen armer Leute umbringen. Sie wollten – leider ebenfalls mit beträchtlichem Erfolg – auch in Deutschland die Verhältnisse mit neuen Methoden auf den Kopf stellen. Sie lobten den Bombenkrieg, denn sie wollten die Altstädte eh auf den Kopf stellen. Sie zogen die Kasernierung dem Familienleben vor; sie führten den Muttertag und den Maifeiertag ein; sie schickten Frauen in die Produktion und Kinder in den Krieg und hatten – neben jedweder Kriegstechnik – ein schweres Faible für Funk, Film, Fernsehen, Raumfahrt. Kein Wunder, dass der selbst ernannte Sozialist Hitler ganz am Ende wissen ließ, er betrachte eigentlich nur Stalin als ebenbürtiges Genie.

Die Nazis waren eben gar nicht konservativ, sie waren diabolische Modernisierer. Wer diese Tatsache mit skeptischem Konservativismus im Hinterkopf behält, der kann über die progressive Nazikeule von heute nur den Kopf schütteln. Grenzen kontrollieren ist Nazipolitik? Nein, die Nazis wollten ein blutiges Europa ohne Grenzkontrollen bis zum Ural. Gesinnungsethik und Helfermoral stehen über dem Gesetzbuch? Auch vor 80 Jahren schon stellten vermeintliche Idealisten ihre Gesinnung und Privatmoral über den peniblen Rechtsstaat, den sie als überkommene Folklore verächtlich machten und beugten, wo sie konnten. Wen sie aus der Gesellschaft ausstießen, auf den gingen sie mit Saalschlachten und Boykott los: kein Bier für Juden! Und sie waren, nebenbei gesagt, äußerst proislamisch und mörderisch kritisch gegenüber dem Zionismus.
(Dirk Schümer)


https://derconrad.wordpress.com/2019/07/19/das-gute-alte-abendland/

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