Die Botschaft: Ich bin nicht nichts!
Eric Davis und Dylan Klebold, Robert Steinhäuser, Sebastian B., Cho Seung Hui – sie alle haben einiges gemeinsam: Bei allen schien im Nachhinein die Tat so vorhersehbar, alle hatten sie durch ihr Verhalten in und gegenüber der Gesellschaft angekündigt. Alle haben Botschaften hinterlassen, die für uns wirr und unverständlich erscheinen – und die doch wahrscheinlich der einzige Schlüssel sind, die Täter zu verstehen.
Der Amoklauf ist die Botschaft, dass es so nicht mehr weiter geht, dass die Welt – die Welt im Kopf des Betroffenen – sich ihm gegenüber zu lange zu unmenschlich verhalten hat. "Ich renne nicht mehr davon", erklärte Cho. "Als die Zeit kam, habe ich es getan. Ich musste es."
[Markus C. Schulte von Drach, sueddeutsche.de vom 19.04.2007]
Der Amoklauf ist beides: Ein letzter verzweifelter Schrei des Täters nach Aufmerksamkeit und das Symptom einer Gesellschaft, in der nicht die Person, sondern nur die Leistung zählt.
Wer in seinen Tod etliche Unbeteiligte grausam mitreißt, kämpft ein letztes Mal um Aufmerksamkeit. Das ist nicht neu. Doch das Ausmaß der Bluttat [von Blacksburg] ist es. […]
Die Täter und wir leben in einer Welt, in der sehr viele Menschen sehr viel darstellen wollen. Für einige ist es manchmal kaum zu ertragen, nur das zu sein, was sie sind. Manchem ist das Normale zu wenig. Weil man überall in den Medien von Menschen hört, die scheinbar Unglaubliches vollbringen, ist dieses Normalsein heute möglicherweise besonders schwer hinzunehmen. Ich bin nicht nichts! Doch was kann man schon dafür tun, dass noch jemand Notiz davon nähme.
[Wenke Husmann, ZEIT online vom 18 .04.2007]
Daß wir uns fast ausschließlich über unsere Taten, über unseren Erfolg definieren, ist vielleicht das größte Problem unserer Gesellschaft. Sicher, die wenigsten werden deshalb zu Amokläufern, aber wie viele Leben werden zerstört, weil Menschen unter der (selbst-)auferlegten Last zusammenbrechen. Es ist kein neues Problem, sondern (fast) so alt wie die Menschheit. Und die Antwort ist es ebenfalls.
Auf der Suche nach Antworten
Nach den reflexartigen Schuldzuweisungen und windigen Erklärungsversuchen hat in den Tagen nach der Tat doch noch ein Nachdenken über die wahren Ursachen dieser Tat und solcher Taten allgemein eingesetzt.
Nach dem Massaker von Blacksburg stellt sich die alte Frage: War es die unerklärliche Tat eines psychisch Gestörten? Oder hat die amerikanische Gesellschaft dazu beigetragen? […]
Gibt es Faktoren, die es erleichtern oder befördern, dass ein Mensch jede moralische innere Hemmung verliert und seine Gewaltphantasien durchaus planvoll und scheinbar grenzenlos in die Tat umsetzt? Denn grundsätzlich trägt ja jeder Mensch Wut-, Hass- und Rachegefühle in sich.
[Ludwig Greven, ZEIT online vom 20.04.2007]
Grundsätzlich trägt jeder von uns Wut-, Haß- und Rechegefühle in sich. Ohne der Tat dadurch etwas an Schrecklichkeit nehmen zu wollen: Sie ist Ausdruck und Folge einer Menschheit, die sich gegen Gott gestellt hat. Sind wir ehrlich: Wir alle sind in unserem Herzen nicht besser.
Denn es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes
[Paulus im Römer-Brief, Kapitel 3,22b-23]
Das uns eigentlich Erschreckende an Columbine, Erfurt, Emsdetten und jetzt Blacksburg ist nicht, daß Menschen grundsätzlich zu Grausamkeiten fähig sind oder daß der Gedanke an eine solche Tat uns grundsätzlich fremd wäre. Es ist die Umsetzung, die Verwischung von Phantasie und Realität und damit ein Dammbruch.
Columbine, Erfurt, Emsdetten, Blacksburg. Mit jedem dieser Amokläufe in Schulen oder Hochschulen wird eine zivilisatorische Wand dünner. Die große Hemmung zwischen der Realität und den Fantasien. Ein kostbares Tabu. In der Fantasie werden ja ständig Lehrer und Mitschüler umgebracht. Aber seit dem ersten Schulmassaker 1999 in der Columbine Highschool in Littleton scheint etwas möglich geworden zu sein, das es zuvor nicht gab. Columbine ist eine Art Urszene…
[Reinhard Kahl, ZEIT online vom 21.04.2007]
Der größte Feind des Menschen ist der Mensch selbst. Dieser Satz gilt nicht nur zwischen Menschen, sondern auch in unserem Umgang mit uns selbst. Der auf sich selbst gestellte Mensch bleibt ohne Hoffnung, alleine gelassen mit seiner Fähigkeit, sich und anderen zu schaden. Aber es gibt eine Lösung für unser Problem. Der oben zitierte Satz aus dem Römer-Brief hat eine Fortsetzung:
und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist.
[Paulus im Römer-Brief, Kapitel 3,24]
Gott selbst ist die Antwort und Lösung auf unsere hoffnungslose Situation. Wir selbst sind unfähig, auch nur irgendetwas dafür zu tun. Alles, was uns bleibt, ist, Gott als Gott anzuerkennen und Seine Lösung für uns anzunehmen. Es ist an uns, darüber nachzudenken und die Konsequenzen zu ziehen.
Till hoffnung.de